NATO Gipfel in Brüssel 2017 – ein bekanntes, 2017 undatiertes Wesen
ein Artikel von Reiner Braun, Co-Präsident des IPB (Internationales Friedensbüro)
NATO Gipfel in Brüssel 2017 – ein bekanntes, 2017 undatiertes Wesen
Schon jetzt ist eindeutig, dass der nächste NATO-Gipfel in Brüssel einer der bedeutendsten Gipfel in der langen Geschichte der NATO werden wird – auch wenn das exakte Datum noch nicht feststeht.
Dieser Gipfel wird sicher nicht über die Auflösung der NATO entscheiden, sondern das neue NATO Hauptquartier für mehr als 750 Millionen Euro gebaut, wird eingeweiht werden. Die NATO wird auch und gerade unter dem neuen US Präsident Trump weiter existieren. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat ihn nach seinem ersten Telefongespräch mit Trump „als großen Freunde der NATO“ bezeichnet und sein designierter Außenminister hat ja bei der Anhörung im Senat die Bedeutung und die Notwendigkeit der NATO für die neue US Administration unterstrichen und wie die Obama Administration als „Feind“ bezeichnet.
Die besondere Bedeutung ergibt sich aus folgenden Punkten:
- Der Gipfel wird eine Evaluation der Beschlüsse des Gipfels von Warschau vornehmen. Kern der Beschlüsse war die aggressive weitere Ostausdehnung der NATO mit der Stationierung von Truppen und Material in nicht gekannter Dimension an der Grenze zu Russland, besonders in Polen und den Baltischen Staaten. Der historisch einzigartigen Truppen- und Materialtransport über Bremerhaven aber auch die Stationierung deutscher Soldaten 250 km von St. Petersburg entfernt, sollten als Belege ausreichen. Als persönlichen Kommentar erlaube ich mir hinzuzufügen: ich hätte es mir nicht mehr vorstellen können, deutsche Truppen mit der Vergangenheit wieder an der russischen Grenze zu sehen. Die Fortsetzung dieser Konfrontation wird in Brüssel zur Entscheidung stehen.
- Verstetigt werden soll auch die Modernisierung der Atomwaffen, u.a. auch in Europa. Die bisherigen Äußerungen der neuen US Administration sind ja nicht nur bestimmt durch ein fest halten an der Obamaschen Modernisierungspolitik sondern durch präsidiale Äußerungen, die die Gefahren eines unkontrollierten Einsatzes deutlich steigern. Dazu scheint der neue Präsident auch Vorstellungen von einer Proliferationspolitik zu haben, die eindeutig völkerrechtswidrig sind.
- Eine neue Verteilung der Lasten der weiteren Aufrüstung zwischen den NATO-Staaten steht auf der Tagesordnung. Des betrifft die sogenannte 2% Regelung von Wales und Warschau, möglicherweise aber noch eine weitere Erhöhung. Nur so bekommen die USA, die selbst weiter massiv aufrüstet, die militärischen Hände frei, für ihre Kriegspolitik gegenüber China.
- Zu dieser neuen Arbeitsteilung gehört auch eine neue Rolle EU-Europas. EU-Europa wird eine zunehmende militärische Supermacht mit eigenen großen militärischen Anstrengungen und einer eigenen Interventionspolitik mindestens im europäischen Raum aber auch in Afrika. Brexit hat ja für diese Militarisierung alle Schleusen geöffnet, die EU-Gipfel danach signifikante Beschlüsse zur Umsetzung gefasst (Forschungs- und Industriepolitische Militarisierung, Eingreiftruppen, verbesserte Koordinierung und Abstimmung, weitere Einsätze (Mali)) und vor allem weitere Aufrüstung in den einzelnen Ländern. Dieses verbunden mit einer Propagandaoffensive gegen die „Aggressiven Russen“.
- Weiterentwicklung der „Globalen NATO“ durch weitere intensivere Kooperationen besonders in den asiatischen Raum (Indonesien, Malaysia, Singapur), Festigung schon bestehender (Japan, Süd-Korea) sowie Lateinamerikas (Kolumbien). Diese sind angesichts des Konfliktpotentials in den asiatischen Regionen sicher nicht friedensfördernd.
Die Zeichen stehen auf Konfrontation, Interventionsfortsetzung und hemmungsloser Aufrüstung. Dies hat das internationale Netzwerk „No to war – no to NATO, das alle Gipfel seit 2009 mit Aktionen begleitet hat und die belgische Friedensbewegung veranlasst, schon frühzeitig für den 17.12.2016 nach Brüssel zu einem ersten Vorbereitungstreffen einzuladen.
Mehr als 60 Aktive aus 11 Ländern folgten dieser Einladung. Es bestand schnell Einigung, dass der Gipfel mit Aktionen begleitet werden soll. Die obigen Punkte wurden generell als Basis akzeptiert
Vereinbart wurde, dass folgende Aktionen vorbereitet werden sollen:
- Ein internationaler Gegengipfel
- Eine große internationale Demonstration
- Aktionen des zivilen Ungehorsams
- Geprüft wird noch, ob ein Camp sinnvoll und möglich ist
Für die Vorbereitungen der Aktionen wurden internationale Arbeitsgruppen eingesetzt. Die belgische Friedensbewegung wird ein Sekretariat einrichten. Das nächste Treffen wurde schon für Februar vereinbart
Aktuelle Informationen befinden sich auf der Webseite: www.no-to-nato.org. Anfragen können gerichtet erden an .
Die „harte“ Vorbereitung – so die einheitliche Meinung – wird nach dem bekannt werden, des exakten Datums beginnen. Wir stehen aber in den Startlöchern, die infrastrukturellen ersten Vorbereitungen sind erfolgt. Das Netzwerk No to NATO hat dabei eine initiierende, koordinierende und international wichtige vernetzende Aufgabe, was aber letztendlich geschieht, hängt von den Aktionen und den Vorbereitungen in den einzelnen Ländern und besonders vor Ort ab. Internationale gemeinsame Aktionen, internationales solidarisches Handeln und nationale Aktivitäten und Aktionen bedingen sich und verstärken sich gegenseitig. Eine einseitige Betonung auf national oder international schwächt die Bewegung gegen das internationale Monster NATO.
Die Vorbereitungen der friedlichen Aktionen sind eine Herausforderung für die Friedensbewegung insgesamt und besonders für die Gruppierungen und Initiativen, die sich die Ablehnung, Auflösung, Überwindung oder den deutschen Austritt aus der NATO besonders auf die Fahnen geschrieben haben
Reiner Braun, Mitglied im Internationalen Koordinierungskreis „No to War – No to NATO